Viktor von Weizsäcker mit Kindern, Felsenmeer, Mai 1930

Über die
Viktor von Weizsäcker Gesellschaft

Wer wir sind

Die Mitglieder der Viktor von Weizsäcker Gesellschaft bringen unterschiedlichste Lebenserfahrungen und berufliche Lebensgeschichten ein. Zum einen geht es den Mitgliedern darum, auf der Grundlage medizinischer Erkenntnisse ein besseres Verständnis vom Menschen und der Gesellschaft, in der er lebt, zu schaffen (im Sinne einer medizinischen Anthropologie). Auf der anderen Seite verfolgen sie das Ziel, eine dem kranken Menschen entsprechendere Medizin auf Grundlage anthropologischer Erkenntnisse zu erarbeiten (im Sinne einer anthropologischen Medizin). Beide Bestrebungen begegnen sich in der Weizsäcker Gesellschaft in kreisartiger Verbundenheit. Die Mitglieder unterschiedlichster Professionen tauschen sich hierzu aus. Eine solche Vielseitigkeit der Fachdisziplinen ist einzigartig. Wo gib es sonst eine Vereinigung, in der sich Personen aus der Philosophie, der Medizin (z.B. Psychiatrie, Neurologie, Allgemeinen Medizin, Psychosomatik, Orthopädie), der Soziologie, der Geschichtswissenschaft, der Psychologie, der Kunst, der Physik, der Kulturwissenschaft, der Literaturwissenschaft, der Theologie, der therapeutischen und pflegerischen Berufe u. v. m. auf Augenhöhe begegnen, austauschen und Kontakte untereinander knüpfen?

Für jedes einzelne Mitglied stehen unterschiedliche Aspekte mehr oder weniger im Vordergrund. Dem einen sind die ärztlichen Texte Viktor von Weizsäckers wichtiger, dem anderen die philosophischen, wieder andere schauen besonders auf theologische Passagen. Selbst rechtsphilosophische und gesundheitspolitische Themen werden von Weizsäcker behandelt. Seine Gesammelten Schriften bieten eine reiche Quelle von Inspirationen für den eigenen praktischen Beruf bis hin zum privaten Leben. Weizsäcker betrachtet in seinen Texten zahlreiche Facetten des Lebens, die nicht explizit abgegrenzt und gekennzeichnet sind. Deshalb liest man seine Texte jedes Mal auf eine neuen Weise - je nachdem, was das eigene Denken und damit den interessierten Blick gerade beeinflusst. Es macht Freude sich in sie hineinzuwerfen, sich mit ihnen zu beschäftigen und mit ihnen zu arbeiten.

Aus medizinischer Sicht ist die fruchtbare Heterogenität der Fachdisziplinen der Gesellschaftsmitglieder die Grundlage, den Menschen nicht nur als Materienkomplex zu betrachten. Die Schulmedizin wird also überschritten, indem geisteswissenschaftliche Perspektiven einbezogen werden. Dies allerdings ohne sich in Utopien und Phantasmen, d. h. im Esoterischen zu verlieren. Es geht stattdessen um redliches wissenschaftliches Arbeiten: sowohl evidenzbasiert als auch narrativ. Das Hauptanliegen Viktor von Weizsäckers war die Einführung des Subjekts in die medizinische Betrachtung. Dies ist auch das Anliegen der nach ihm benannten Gesellschaft. Eine solche Einführung verbleibt aber nicht beim Betrachtungsgegenstand „Patient“, sondern bezieht den Arzt bzw. den Therapeuten mit ein. Es geht allgemein gesprochen um die conditio humana – d. h. um zeitübergreifende Grundstrukturen des Menschseins.

ENTSTEHUNG UND AUFGABE der VvWG

Anlässlich eines gemeinsam von der Abteilung Psychosomatik und Psychotherapie der Medizinischen Hochschule Hannover und den "Karl Jaspers Vorlesungen zu Fragen der Zeit" (Oldenburg) veranstalteten Colloquiums "Ärztliches Ethos und medizinische Ethik bei Viktor von Weizsäcker" wurde am 11. Dezember 1994 die Viktor von Weizsäcker Gesellschaft in Hannover gegründet.

Sie versteht sich als eine internationale wissenschaftliche Gesellschaft, deren satzungsgemäße Aufgabe in der Förderung der Wirkung und Weiterentwicklung des Weizsäckerschen Werkes in Lehre, Forschung und Praxis der Medizin und der Geistes- und Naturwissenschaften besteht. Dies geschieht durch die weitere Verbreitung seines Werkes, z.B. in Form von Editionen oder Übersetzungen, sodann durch jährlich stattfindende wissenschaftliche Tagungen sowie spezielle Projekte und Arbeitsgruppen, ferner durch die wissenschaftliche Erschließung des Nachlasses, die Einrichtung eines Archivs und eine Schriftenreihe "Beiträge zur Medizinischen Anthropologie" und der Unterhaltung eines Archives.

Nachdem die vorgenannten Punkte in den vergangenen drei Jahrzehnten mittlerweile umfangreich bearbeitet wurden und die Weizsäckerschen Schriften in einer Gesamtausgabe ediert sind, wendet sich die Gesellschaft Schwerpunkten des Weizsäckerschen Werkes in weiteren Kontexten zu. Um zukunftsfähig zu sein und zu bleiben, wird der neue Vorstand auch die paraklinischen-praktischen Fächer wie Physio-, Ergo, Arbeits- und Beschäftigungstherapie sowie mit der anthropologischen Medizin verbundene gegenwärtige soziokulturelle Themen vermehrt in seinen Fokus nehmen.

Es ist im Sinne dieser Aufgaben, dass die Mitgliedschaft in der Viktor von Weizsäcker Gesellschaft allen an anthropologischer Medizin und medizinischer Anthropologie Interessierten – unabhängig von der fachwissenschaftlichen Zugehörigkeit – offensteht. So wünschen wir uns, dass die Mitglieder multiplural die ganze Bandbreite der Berufsgruppen widerspiegeln, die für das Themenspektrum der Viktor von Weizsäcker Gesellschaft stehen und das Forum für die Wissenschaften vom Menschen lebendig werden lassen.